In diesem Artikel stelle ich Dir eine Vorgehensweise vor, die Dir dabei helfen kann, zwischenmenschliche Konflikte zu lösen oder zumindest aus Deinem Seelenraum zu verbannen.
Gleich zu Beginn dieses Artikels bin ich etwas radikal:
Konflikte im Aussen (mit anderen Menschen, Entscheidungen, dem Wetter, den Haustieren etc.) kommen bei uns Menschen nur dann vor, wenn wir ungelöste innere Konflikte in unserem Seelenrucksack mit uns tragen.
Es ist also maximale Zeitverschwendung, wenn Du Konflikte im Aussen zu bewältigen versuchst, vor allem wenn es sich um emotional stark aufgeladene oder verhärtete solche handelt.
Wohlgemerkt: Lösungen sollst Du selbstverständlich finden dürfen im Aussen für Konfliktsituationen und Meinungsverschiedenheiten. Den mit dem Konflikt verbundenen «Konflikt», löst Du aber am Besten erst für Dich selbst. (Mit "Konflikt" in Anführungszeichen bezeichne ich die für uns Menschen mit Konflikten verbundene emotionale Belastung, die wir häufig ebenfalls als "Konflikt" benennen. Eigentlich bedeutet Konflikt ohne Anführungszeichen einfach, dass unterschiedliche Meinungen, Vorstellungen, Bedürfnisse zwischen Menschen / Gruppen / Staaten / Völkern bestehen), was nicht zwingend zu emotionaler Aufladung und Stress führen muss.
Oder betrachten wir es doch einmal so: Stell Dir eine Person vor, die innerlich in vollkommener Harmonie lebt und mit offenem Herz allem in ihrem Leben so begegnen kann, wie es auftaucht. Maximal offen und maximal flexibel. Diese Person wird keine Konflikte erleben. Sondern einfach nur wahrnehmen, was es zu tun gibt. Welcher Schritt als nächstes ansteht auf dem eigenen Herzens- und Entwicklungsweg.
So genannte Konflikte entstehen umso häufiger und fühlen sich umso schrecklicher an, je klarere Vorstellungen wir davon haben, wie wir sein sollten, wie unser Leben und auch unser Beziehungenalltags aussehen sollte. Dadurch sind Konflikte vorprogrammiert. Menschen oder Situationen, zu denen unsere Beziehung emotional aufgeladen ist, weisen uns darauf hin, in welchen Bereichen unser Ego aufgebläht, zu sehr um Kontrolle bemüht ist und wir loslassen dürfen. Eigentlich dürfen wir diesen Menschen und Situationen dankbar sein. Das ist nichts Neues, das wusste schon der Buddha und vor ihm bestimmt ganz viele andere weise Menschen. Die sich noch gut um ihre Innenwelt kümmerten und den Wert der Inneren Arbeit zu schätzen wussten. Ganz anders als wir modernen Menschen, die wir uns gerne im Aussen aufhalten und verlieren. Und von unserem armen Inneren verlangen, einfach gehorsam und brav zu funktionieren. Das tut es in der Regel nicht besonders gern tut, und das ist auch gut so.
Also: Nach dem radikalen Einstieg, der vielleicht einige meiner Leser*innen bereits abgeschreckt hat, werde ich etwas milder und möchte Dir einen mehrstufigen Prozess zeigen, mit dessen Hilfe Du Dich um Dein potenziell vernachlässigtes Inneres kümmern und dort die Herde für die Brände Deiner äusseren Konflikte beseitigen kannst. Das Vorgehen ist nicht ganz einfach und etwas zeit- und energieaufwändig, aber es lohnt sich, dort die Energie zu investieren, da es unter dem Strich deutlich ressourcenschonender und nachhaltiger ist, als Dich im auf den äusseren Konflikt bezogenen Gedankenlabyrinth zu verlieren.
Dieser Prozess eignet sich für jede Form von emotional aufgeladenem Konflikt. Insbesondere für verhärtete Konflikte oder wenn es um Ablösung geht von Eltern, Partnern, Vorgesetzten und anderen wichtigen Menschen. Dieser Prozess wird den Konflikt vermutlich nicht vollumfänglich lösen können, zumindest den äusseren, aber er kann Dir dabei helfen, die damit verbundene emotionale Last loszuwerden. Oft haben wir, besonders in Konflikten mit nahestehenden Menschen, das starke Bedürfnis, gehört, gesehen, verstanden zu werden. Das ist ein Bindungsbedürfnis. Und dieses wird in Konflikten meist frustriert, was das Hauptausmass der Belastung ausmacht. Die Hoffnung, dieses Bedürfnis und die damit verbundenen Emotionen der am Konflikt beteiligten Person gegenüber zum Ausdruck zu bringen, ist meistens vergeblich, das zeigt uns unsere Erfahrung. Und wir landen im Schwarz-Weiss-Denken: Entweder die andere Person hört mir zu und versteht mich, oder ich sitze auf meinen frustrierten Bedürfnissen fest.
Dieser Prozess, den ich Dir vorschlage, zeigt Dir einen dritten Weg: Du bringst alles zum Ausdruck, was Dir wichtig ist in Bezug auf diesen Konflikt und diese Person. Aber alleine. Und schenkst Deinem frustrierten Anteil dadurch Deine volle Aufmerksamkeit, Zuwendung und Liebe. Siehst ihn, hörst ihn und bringst ihm Verständnis und Mitgefühl entgegen. Und bewirkst dadurch, dass Dein Bindungssystem runterfahren und Dein emotionaler Körper sich entspannen kann.
Dadurch ist es Dir möglich, nun den Fokus auf Dein Bedürfnis nach Selbstwert und Integrität zu richten, entspannt Grenzen zu setzen, im Innen und im Aussen und eine für Dich stimmige Vorgehensweise für den Konflikt und die Beziehung zu der betreffenden Person zu finden. Du bist nicht mehr abhängig davon, ob die andere Person Dich sieht, hört und versteht.
Vorsicht: Einfach wird es nicht, da es zur Natur von Konflikten dazugehört, dass diese in der Regel nicht einfach sind, sondern uns Menschen ziemlich stark belasten und aufwühlen können. Aber es ist aus meiner Sicht und Erfahrung eine der einfachsten Möglichkeiten, auch tiefgehende und verhärtete Konflikte authentisch, integer und nachhaltig auflösen zu können.
Konfliktlösung in 7 Schritten.
Vorbereitung: Setze Dich alleine an einem ungestörten Ort hin, in einem möglichst ruhigen und entspannten Zustand.
Stelle Dir die betreffende Person, Dich selber oder das Thema vor, damit die am Konflikt und der Beziehung beteiligten Emotionen aktiviert werden. Wichtig ist, dass Du nicht zu heftig aktiviert oder maximal getriggert wirst, damit Du überhaupt fähig bist, die Tür zu Deiner Innenwelt zu öffnen. Dafür kann helfen, dass Du in der Vorstellung einen stimmigen Ort für die Person aussuchst, an welchem sie sich aufhalten kann, während Du den Konfliktlösungsprozess durchführst. Das kann bei Dir im Nebenzimmer, im Garten, auf der Strasse, bei sich zuhause, eingesperrt im Keller, in einem anderen Land oder auf dem Mond sein. Such Dir eine Vorstellung aus, die Dir ein Gefühl von Abstand und etwas Ruhe ermöglicht. Und möglicherweise sogar Dich zum Schmunzeln bringt. Wenn Du den Kontakt zu Deinen Emotionen verlierst, kannst Du die Person in der Vorstellung immer wieder herholen Dir gegenüber. Und sie auch immer wieder wegschicken an den sicheren Ort.
- Stelle Dir zum Start vor, die Person würde Dir tatsächlich gegenübersitzen, auf einem Stuhl oder Sessel. Und nimm wahr, was in Deinem Körper passiert bei dieser Vorstellung. Schätze Deine Anspannung auf der Stressskala von 0 bis 10 ein. (0 = maximal entspannt, 10 = Panikzone). Sprich laut den Satz: "Ich will diesen Konflikt / die Beziehung mit Dir klären, weil die Beziehung zu Dir mir wichtig ist. Und ich mir wichtig bin." - Dadurch gibst Du ein kraftvolles, wertschätzendes und positives Statement ab, mit dem Du bezeugst, dass Du nicht bereit bist, Spannungen im Zusammenhang mit Konflikten mit Dir herumzutragen.
- GOA: Führe die drei körpertherapeutischen Techniken zur Beruhigung und Entspannung durch: Grounding (Kontakt mit dem Boden und der Auflagefläche Deines Körpers mit Deiner Sitzgelegenheit bewusst wahrnehmen und hineinatmen) - Orienting (im Zeitlupentempo den Raum und in der Vorstellung Dein Gegenüber abscannen - Atmen (3x Kerzenatem beim Ausatmen in Form eines stimmlosen "Vvvvvvs" oder 3x Nebelhornatem beim Ausatmen mit der Silbe "Vuuuuuuuu" mit betont langsamem Ausatmen)
- Check-In auf der Stressskala: Wo ist gerade der Stresspegel Deines vegetativen Nervensystems auf der Skala von 0 bis 10? Schaue, dass Du Dich möglichst in einem Bereich unter 5 befindest. Teile dafür eine Minute lang Dein Erleben in Deiner gegenwärtigen Somatischen Präsenz (Körperempfinden, Sinneswahrnehmungen, Bewegungsimpulse), das kann helfen beim Beruhigen und Entspannen.
- Frage Dich, ob Du Impulse wahrnimmst, Dich abzulenken? Gibt es hemmende Emotionen (Angst, Scham, Schuld), die präsent sind? Nimm diese einfach bewusst wahr, ohne ihnen viel gedankliche Aufmerksamkeit zu schenken. Fühle sie in Deinem Körper.
- Emotionsreise durch Deine Grundemotionen: Gehe nacheinander die Zonen der Grundemotionen durch und lebe, drücke aus, was es in jeder Zone zu leben und auszudrücken gibt. Ausdruck ist möglich mit der Stimme, mit Bewegung, mit Gesten etc. Alles, was Dir hilft, Dir für Dein Erleben und die jeweilige Emotion Raum zu nehmen und zu geben, ist interessant. Empfehlenswert ist diese Abfolge: Freude (komm in Deine Fülle. was freut Dich trotz dem Konflikt an der Person / der Beziehung mit der Person?) – Überraschung (Was fällt Dir überraschenderweise auf, wenn Du die Person durch die Füllebrille betrachtest?) - Furcht (Vorsicht und Schutz) - Wut (Raum nehmen und verteidigen) - Ekel (Körperliche Grenzen setzen und wahren) – Verachtung (Emotionale Grenzen setzen und wahren) - Trauer (Unerfüllte Wünsche und Bedürfnisse loslassen) – Dankbarkeit (an die andere Person und an Dich selber). Frage Dich: Was lehrt Dich dieser Konflikt im Umgang mit Dir? In Bezug darauf, wie Du noch mehr Deinen eigenen Herzensweg gehen darfst? Was willst Du unbedingt aus dieser Beziehung mitnehmen? Was lässt Du zurück? Nimm Dir für diese Reise so viel Zeit, wie Du willst. Du kannst auch zu früheren Zonen zurückspringen, wenn auf einmal eine Emotion erneut auftaucht.
- Stell Dir nun noch einmal die Person Dir gegenüber vor. Wie hoch ist Dein Stress? Wie stark bist Du emotional aktiviert? Was hat sich verändert oder zu verändern begonnen?
- Nimm Kontakt auf mit Deinem Selbst und Deinen Bedürfnissen. Welcher Schritt steht nun an in dieser Beziehung / in diesem Konflikt? Was gibt es zu tun, zu lassen? Oder gibt es gerade nichts zu tun?
Ich gratuliere Dir: Du hast Dich um Ordnung und Harmonie in Deiner Inneren Welt gekümmert und bist nun besser gewappnet für diesen Konflikt und auch für weitere, die auf Deinem Lebensweg auftauchen - wenn Du sie denn überhaupt noch als Konflikte wahrnimmst.
Wenn Du magst, kannst Du in einem weiteren Durchgang diesen Prozess auch mit der betreffenden Person durchführen, wenn diese sich dafür zur Verfügung stellt und offen dafür ist.
Und wie gesagt, es ist mir sehr bewusst, dass die Durchführung nicht ganz einfach ist. Wenn Du sie mit fachkundiger Anleitung lernen und anwenden möchtest, stehe ich Dir gern zur Verfügung. Melde Dich einfach bei mir.
Herzlich,
Simon
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